Licht an: Schnelle Materialmanipulation per Laser  

Ein Forschungsteam des Fritz-Haber-Instituts in Berlin und des MPSD hat herausgefunden, dass sich ultraschnelle Schalter in Materialeigenschaften durch Laserpulse auslösen lassen - und warum dies geschieht. Diese Erkenntnis könnte zu verbesserten Transistorkonzepten führen.

Die Suche nach möglichst schnellen elektronischen Technologien ist ein zentrales Ziel der aktuellen Materialforschung. Die Schlüsselkomponenten schneller Computertechnologien sind Transistoren - die Schaltvorrichtungen, welche elektrische Ströme rapide ein- und ausschalten und daher die grundlegenden Schritte logischer Operationen darstellen. Nun haben Forscher des Fritz-Haber-Instituts (FHI) der Max-Planck-Gesellschaft und des MPSD herausgefunden, dass starke Lichtpulse für die Herstellung eines ultraschnellen Schalters eingesetzt werden können.

Die Physiker suchten nach neuen Wegen, um Materialien so zu steuern, dass sie ihre Eigenschaften verändern - zum Beispiel um magnetische Metalle nicht magnetisch zu machen oder die elektrische Leitfähigkeit eines Kristalls umzuwandeln. Die elektrischen Eigenschaften eines Materials hängen stark mit der Anordnung der Elektronen in seinem Kristall zusammen. Wissenschaftler*innen beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit der Manipulation dieser Anordnungen, aber die meisten existierenden Kontrollmethoden sind recht träge. 

"Wir wussten, dass äußere Einflüsse wie Temperatur- oder Druckschwankungen funktionieren", sagt Dr. Ralph Ernstorfer, Gruppenleiter am FHI-Fachbereich Physikalische Chemie, "aber dies braucht Zeit, zumindest ein paar Sekunden." Wer regelmäßig ein Smartphone oder einen Computer benutzt, weiß, dass sich ein paar Sekunden wie eine Ewigkeit anfühlen können. Die Arbeitsgruppe von Dr. Ernstorfer erforschte daher, wie man mit Hilfe von Licht Materialeigenschaften sehr viel schneller umschalten kann. Das Team konzentrierte sich dabei auf ein besonderes Phänomen, den sogenannten Lifshitz-Übergang, bei dem sich die leitenden Eigenschaften des Materials durch eine äußere Störung – hier ein  Laserfeld – schlagartig ändern. 

Indem sie das von ihnen gewählte Material, einen halbmetallischen Kristall aus Wolfram- und Telluratomen, starken ultrakurzen Laserpulsen aussetzten, gelang es den Forschern, die Schaltzeit auf nur 100 Femtosekunden (ein Millionstel einer Milliardstel Sekunde) zu reduzieren. Das Laserlicht zwingt den Kristall, seine interne elektronische Struktur neu zu organisieren, wodurch sich auch seine Leitfähigkeit ändert. 

Das MPSD-Team um Nicolas Tancogne-Dejean, Michael Sentef und Ángel Rubio hatte bereits vorhergesagt, dass die Wechselwirkung von Elektronen mit einem Laserfeld manipuliert werden kann. Ihre Modelle zeigten, dass sich diese Veränderungen in real existierenden Materialien umsetzen lassen.

"Durch unsere Simulationen konnten wir den mikroskopischen Ursprung der experimentellen Befunde erklären", sagt Tancogne-Dejean. "Vor allem belegen sie die Rolle der Elektron-Elektron-Wechselwirkung. Das eröffnet sehr spannende Perspektiven für die Laserkontrolle von Quantenmaterialien und bietet einen neuen Ansatz für die nächste Generation von ultraschnellen elektronischen Bauelementen."

Neben der signifikanten Verkürzung der Schaltzeit konnten die Wissenschaftler auch genau beobachten, wie sich die elektronische Struktur des Kristalls verändert. "Wir haben ein neues Instrument verwendet, um den Übergang bei jedem Schritt abzubilden", erklärt Dr. Samuel Beaulieu, der zum Zeitpunkt der Studie Postdoc am FHI war und nun am Centre Lasers Intenses et Applications (CELIA) der Universität CNRS-Bordeaux forscht. "Das ist ein erstaunlicher Fortschritt - früher wussten wir nur, wie die elektronische Struktur des Materials danach aussieht, aber nie während des Übergangs selbst." 

Die in dieser Arbeit genutzte Methode sollte viele neue Erkenntnisse über mögliche zukünftige Transistormaterialien liefern. Die Tatsache, dass Licht ultraschnelle elektronische Übergänge bewirken kann, ist ein wichtiger Schritt in der Entwicklung schnellerer und effizienterer Zukunftstechnologien.

Text: Agatha Frischmuth, FHI / Jenny Witt, MPSD

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