Strukturkontrolle geschichteter Materialien mit Infrarot-Laserlicht
Mögliche Steuerung des Schichtabstandes von Materialien wie Graphen oder hexagonalem Bornitrid bahnt neue Wege für die Chemie in Nanostrukturen
Hexagonales Bornitrid (h-BN) ist eine Verbindung, die in jeder Stapelschicht aus in einem Wabengitter abwechselnd angeordneten Bor- (B) und Stickstoffatomen (N) besteht. Der Zusammenhalt der einzelnen Schichten beruht auf schwachen Wechselwirkungen wie der Van-der-Waals-Kraft. Die Bestrahlung des h-BN mit einem Infrarotlaser von 1,4 µm Wellenlänge löst eine Vibration im h-BN-Gitter aus, bei der sich Bor- und Stickstoffatome in entgegengesetzte Richtungen bewegen. Da die Bor- und Stickstoffatome positive bzw. negative effektive Ladungen besitzen, kann eine solche Vibration mit entsprechend großer Amplitude die anziehende Dipol-Dipol-Coulomb-Wechselwirkung zwischen den atomaren Lagen verstärken. Um zu dieser Vorhersage zu gelangen, wurden umfassende und sehr präzise ab-initio-Simulationen der Elektronendynamik unter Laserbestrahlung durch gleichzeitige Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung für die Elektronen und der Newtonschen Bewegungsgleichung für die Ionen angewendet.
Ergebnis dieser Simulationen war, dass die Coulomb-Kraft der dynamisch erzeugten Dipole den Schichtabstand von h-BN um bis zu 11,3% des ursprünglichen Abstandes verringert. Darüber hinaus fanden die Forscher, dass bei einer sehr intensiven Bestrahlung mit Infrarot-Laserlicht die daraus folgende elektronische Anregung die Kontraktion des Schichtzwischenraumes in h-BN unterbindet. Um eine Kontraktion der atomaren Lagen zu erreichen, ist eine auf etwa 1012 W/cm2 eingestellte Laserleistung notwendig. Diese Intensität kann mit einem handelsüblichen Laser durch die Fokussierung des Laserstrahls auf einen Durchmesser im Mikrometerbereich erreicht werden.
In Zukunft werden die Forscher an Experimenten mitwirken, um diese theoretische Vorhersage zu bestätigen. Sie werden auch an der Anwendung der Infrarot-Laser-induzierten Schichtkontraktion zur Entwicklung neuer Materialien unter Verwendung neuartiger chemischer Reaktionen von Substanzen mitwirken, die zwischen den atomaren Lagen geschichteter Materialien eingelagert sind. Außerdem werden sie das Anwendungsgebiet von Infrarot-Lasern vom herkömmlichen Erhitzen auf neuartige chemische Reaktionen, die durch laserinduzierte Gitterschwingungen ausgelöst werden, erweitern.