Wie binden sich kleine Zuckermoleküle aneinander?
Breitband-Rotationsspektroskopie klärt die genaue Struktur des Glycoaldehyd-Dimers
Zuckerverbindungen – sogenannte Saccharide – sind wichtige Bausteine in der Natur. Sie können an Zelloberflächen vorkommen, wo sie mit anderen Zellen in einer sehr charakteristischen Weise wechselwirken, wie z.B. bei der Synthese der Blutgruppen-Antigene A und B. Beide Antigene sind aus einer langen Kette von Zuckermolekülen aufgebaut und unterscheiden sich lediglich durch ein selektiv gebundenes endständiges Zuckermolekül. Auf der molekularen Ebene wird die Art und Weise, wie sich Moleküle selektiv aneinander binden, durch das Zusammenspiel verschiedener intra- und intermolekularer Wechselwirkungen bestimmt.
Je nach ihrer Struktur können sich manche Teile der Moleküle anziehen, während andere sich gegenseitig abstoßen. Daraus folgt, dass die Bildung von Molekülkomplexen hochgradig selektiv sein kann – ein Phänomen, das man molekulare Erkennung nennt. Um solche Molekülerkennungsprozesse auf molekularer Ebene zu verstehen, haben die Forscher die kleinste Zuckerverbindung, Glycolaldehyd, untersucht. Es ist auch die erste und bisher einzige Zuckerverbindung, die im Weltall nachgewiesen werden konnte, und spielt eine wichtige Rolle in der Diskussion um die Entstehung des Lebens im Weltall. Als Untersuchungstechnik verwendeten die Forscher Breitband-Rotationsspektroskopie in der Gasphase. Diese ist ein ideales Werkzeug, um die Struktur von Molekülen und Molekülkomplexen präzise zu bestimmen.
„Ziel dieser Studie war es, detailliert zu bestimmen, wie sich zwei Zuckermoleküle aneinander binden“, sagt Doktorandin Sabrina Zinn, Erstautorin der Arbeit. „Das Ergebnis ließ sich nicht intuitiv voraussagen, da Zuckerverbindungen viele verschiedene Bindungsstellen aufweisen und somit eine Vielzahl von Resultaten vorstellbar war.“ Tatsächlich hat die hochaufgelöste Breitband-Rotationsspektroskopie gezeigt, dass sich die Glycolaldehyd-Moleküle auf zwei unterschiedliche Arten aneinander binden können. „Die präzisen Strukturen, die wir erhalten haben, erlauben es uns, die dominanten Wechselwirkungsmechanismen zwischen den Zuckermolekülen zu bestimmen. Es wird nun interessant sein zu sehen, wie sich diese Erkenntnisse auf größere Zuckerverbindungen übertragen lassen“, schließt Gruppenleiterin Melanie Schnell.