Mikrosolvatation von Campher
Ein internationales Forscherteam um Melanie Schnell vom Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie am CFEL in Hamburg hat erstmals Experimente mit mehrfacher Isotopensubstitution durchgeführt, um die Struktur eines mikrosolvatisierten organischen Moleküls präzise zu bestimmen. Ihre Arbeit erschien kürzlich im Journal of Physical Chemistry Letters und zeigt einen neuen Ansatz dafür, die Auflösung von Stoffen in Wasser im Frühstadium zu verstehen.
Die Bildung von Wasserstoffbrücken ist für viele der beeindruckenden, aber noch nicht völlig verstandenen Eigenschaften von Wasser verantwortlich. Zu diesen Eigenschaften zählt auch seine unübertroffene Leistungsfähigkeit als Lösungsmittel. Der Prozess, durch den ein organisches Molekül von Wasser ummantelt wird, und die vorherrschenden Kräfte, die dazu führen, sind äußerst wichtig für die Chemie und Biochemie. Ein hilfreicher Ansatz zur Aufklärung, wie dieses Phänomen beginnt und sich entwickelt, ist die Untersuchung mikrosolvatisierter organischer Moleküle in der Gasphase. Unter diesen isolierten Bedingungen kann ein organisches Molekül selektiv an einzelne Wassereinheiten gebunden werden, so dass sich die sogenannte erste Solvatisierungsschale bildet. Diese kleinen Molekülverbünde oder Cluster beinhalten wichtige strukturelle Informationen über die Frage, wie die gelöste Substanz und das Lösungsmittel Wasser in den ersten Schritten des Lösungsprozesses zusammenhalten. Wenn die Wassermenge Molekül für Molekül erhöht wird, lassen sich die bevorzugten Bindungsstellen mit hoher Auflösung bestimmen, indem man ihre Rotationsspektren untersucht.
Unter Verwendung der Breitbandrotationsspektroskopie hat das Forscherteam ein beispiellos großes organisches Molekül (Campher, C10H16O) untersucht, während es mit ein bis drei Wassermolekülen mikrosolvatisiert ist. Die Forscher nutzten dabei die hohe Empfindlichkeit und Auflösung dieser Technik, um erstmals Experimente mit mehrfacher Isotopensubstitution in den Wassereinheiten durchzuführen, indem sie Sauerstoffatome durch ihr schwereres Isotop 18O austauschten. Durch Ausnutzung der kleinen Änderungen der Trägheitsmomente beim Austausch der Isotope – welche direkt mit der Massenverteilung im System zusammenhängen – gelang es ihnen, Atom für Atom die 3D-Struktur des beobachteten Clusters mittels eines rein experimentellen Ansatzes zu rekonstruieren.
„Man kann es sich wie ein Legomodell vorstellen,” sagt Cristóbal Pérez, Erstautor der vorliegenden Arbeit. „Sie haben ein rotes Gebäude, aber Sie möchten einige der Steine durch blaue Steine ersetzen. Als Architekt können Sie sich aussuchen, welche Steine rot und welche blau sind. Im Prinzip tun wir dasselbe. In den Wasserclustern, die wir aufbauen, können wir selektiv alle möglichen Kombinationen blauer und roter Steine (bzw. in diesem Fall 16O- oder 18O-Atome) kontrolliert beobachten und daher sagen, wo wir sie eingebaut haben.“
Diese Ergebnisse zeigen eine neuartige Strategie auf, mit der immer komplexere Systeme in der Gasphase untersucht werden können. Sie stellen damit eine nützliche Brücke dar, um das kompliziertere Verhalten von Molekülen in wässriger Umgebung zu verstehen.