Die Anordnung molekularer Energieniveaus: Es kommt auf die Phase an

Neuer Ansatz in der Rotationsspektroskopie erleichtert Analyse großer Moleküle

21. April 2015
In einer aktuellen Veröffentlichung in der Fachzeitschrift The Journal of Physical Chemistry Letters verwenden Forscher des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie am Center for Free-Electron Laser Science in Hamburg unter der Leitung von Melanie Schnell Doppelresonanz-Rotationsspektroskopie, nicht nur um zu bestimmen welche Übergänge in komplexen Spektren gemeinsame Energieniveaus teilen, sondern auch wie diese Übergänge verbunden sind, d.h. die energetische Anordnung der Niveaus. Dieses Zusatzwissen kann die Zuordnung dichter Spektren stark vereinfachen und ebnet dadurch den Weg für die Untersuchung größerer Molekülsysteme.

Rotationsspektroskopie ist ein hilfreiches Werkzeug für die Identifikation von Stoffgemischen und die Bestimmung ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften. Sie ist auch zunehmend hilfreich als Methode für die Aufklärung chemischer Prozesse wie der Molekülerkennung in biochemischen Prozessen. Ein Hauptvorteil der Rotationsspektroskopie ist, dass die aufgenommenen Spektren wie ein Fingerabdruck der untersuchten Moleküle sind: Verschiedene Moleküle und sogar ihre Konformere und Isotopologe haben deutlich verschiedene Rotationsspektren und können daher eindeutig identifiziert werden. Allerdings sind die aufgenommenen Spektren häufig sehr dicht und komplex, insbesondere für biologisch relevante Moleküle und Molekülkomplexe. Daher werden Methoden benötigt, mit denen man diese Spektren schnell und effizient bestimmten Spezies zuordnen kann. Dies würde es erlauben die Technik der Rotationsspektroskopie in ein effizientes Analysewerkzeug für komplexe Aufgaben wie z.B. die Atemgasanalyse weiterzuentwickeln.

Doppelresonanz-Experimente, wie sie auch in der vorliegenden Arbeit verwendet werden, sind in diesem Zusammenhang sehr hilfreich. In der Doppelresonanz-Spektroskopie wird typischerweise eine charakteristische Veränderung der Intensität beobachtet, wenn zwei Übergänge angeregt werden, die sich ein gemeinsames Energieniveau teilen. Daher ist es möglich herauszufinden welche Übergänge in komplexen Spektren von gemeinsamen Energieniveaus stammen. Allerdings erlauben solche Intensitätsmessungen alleine keine Bestimmung der energetischen Anordnung der Niveaus, d.h. wie diese Übergänge verbunden sind – eine Information, die die Zuordnung dichter Spektren enorm vereinfachen würde.

In der vorliegenden Arbeit zeigen die Forscher, dass das Verhalten der Phase in Doppelresonanz-Rotationsspektroskopie-Experimenten benutzt werden kann, um detaillierte Informationen über die energetische Anordnung der molekularen Niveaus bereitzustellen. Die Forscher haben die Terpenmoleküle Menthon und Isomenthon als Prototypsysteme verwendet, um die Abhängigkeit eines Mikrowellensignalübergangs von der Frequenz eines verbundenen Radiofrequenz-Pumpübergangs zu beobachten. Wenn die Radiofrequenz durch die Resonanz gestimmt wird, ist ein Phasenwechsel im Mikrowellensignal zu beobachten. Das Vorzeichen dieses Phasenwechsels hängt von der energetischen Anordnung der beteiligten Rotationsniveaus ab. Dies lässt sich mit Hilfe des AC-Stark-Effekts verstehen, also der Verschiebung und Aufspaltung der Energieniveaus durch ein periodisch oszillierendes elektrisches Feld, der zu einer Autler–Townes-Aufspaltung der Energieniveaus führt.

Diese Konzeptstudie zeigt die Leistungsfähigkeit der Rotationsspektroskopie für die Untersuchung physikalischer Prozesse und öffnet neue Wege für die Entwicklung moderner Ansätze zur spektralen Zuordnung.

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