Einblicke in die Rolle von Materialdefekten bei der spin-abhängigen Petahertzelektronik

Die Betriebsgeschwindigkeit von Halbleitern in elektronischen und optoelektronischen Geräten ist auf mehrere Gigahertz (eine Milliarde Oszillationen pro Sekunde) beschränkt. Die Rechengeschwindigkeit von modernen Computern trifft dadurch auf eine Grenze. Forscher am MPSD und dem Indian Institute of Technology in Bombay (IIT) haben nun untersucht, wie diese Grenze mithilfe von Lichtwellen und Festkörperstrukturen mit Defekten erhöht werden könnte, um noch größere Rechenleistungen zu erreichen.

Lichtwellen schwingen mehrere hundert Trillionen Mal pro Sekunde und haben das Potential, die Bewegung von Elektronen zu steuern. Im Gegensatz zu konventionellen Methoden bringt das Licht die Elektronen nicht nur in Bewegung, sondern kontrolliert sie auch weiterhin auf ihren natürlichen Zeitskalen, der Attosekundenskala (eine Attosekunde ist ein Milliardstel eines Milliardstels einer Sekunde). Eine solche Steuerung könnte die Arbeitsgeschwindigkeit von Computern und anderen Geräten um mehrere Größenordnungen erhöhen und eröffnet zudem neue Ansätze in der Petahertz-Elektronik.

Wenn ein Festkörper intensivem, ultrakurzwelligem Licht ausgesetzt ist, gibt er Lichtblitze mit hoher Frequenz ab. Dieser Prozess ist als High Harmonic Generation (HHG) bekannt. Das elektrische Feld des Lasers induziert und kontrolliert dabei die Bewegungen der Elektronen. Der so erzeugte elektrische Strom hat zwei Beiträge: einer von den Elektronen, die vom Valenz- zum Leitungsband angeregt werden, und ein zweiter von der Bewegung der Elektronen in ihren respektiven Energiebändern.

In theoretischen und experimentellen Untersuchungen der HHG-Abläufe in Festkörpern wurde angenommen, dass die Festkörper frei von Defekten sind. Dies trifft in der Praxis jedoch nicht zu. Durch ihre Entstehungsprozesse sind Defekte in echten Festkörpern unvermeidbar. Sie nehmen unterschiedliche Formen an, von Lücken bis zu Zwischengitteratomen oder Verunreinigungen.

Bisher war nicht klar, wie diese Defekte die HHG-Abläufe und die damit verbundene Elektronendynamik beeinflussen können. Daher – und weil die Verwendung von Defekten der konventionellen Optoelektronik sogar zugrunde liegt – benötigen wir ein besseres Verständnis davon, welche Rolle Defekte in der Petahertz-Elektronik und der Spintronik spielen.

In einer kürzlich in npj Computational Materials veröffentlichten Arbeit beschäftigten sich Forscher vom IIT in Bombay, Indien, und dem MPSD in Hamburg mit dieser wichtigen Frage: Wie beeinflussen verschiedene Arten von Defekten die Elektronenbewegungen während der HHG? Um dies zu beantworten, wurde eine zweidimensionale Monoschicht aus hexagonalem Bornitrid (h-BN) einem starken Lichtblitz ausgesetzt.

Sobald ein Stickstoff- oder ein Boratom fehlt, verhält sich Bornitrid als ein Elektronenspender oder -empfänger. Dies führt dazu, dass man verschiedene elektronische Strukturen findet und Fehlstellen spin-polarisiert werden. Im Speziellen fand das Forschungsteam, dass Elektronen mit entgegengesetztem Spin verschiedene Beiträge zur HHG-Emission leisten. Auch die Auswirkung auf die Elektron-Elektron Wechselwirkung ist unterschiedlich, je nachdem ob ein Festkörper einen Defekt besitzt oder nicht.

Das Team untersucht auch Situationen, wo entweder ein Stickstoff- oder ein Boratom durch ein Kohlenstoffatom ersetzt wird (Dopingeffekt), statt ein Atom des Bornitrids zu entfernen und eine Lücke zu lassen. Wenn das Kohlenstoffatom ein Boratom ersetzt, ähnelt die Elektronendynamik der des h-BN, dem ein Stickstoffatom fehlt. Das Gegenteil geschieht, wenn das Kohlenstoffatom ein Stickstoffatom ersetzt: Dieses System zeigt die gleiche Dynamik wie das h-BN, dem ein Boratom entfernt wurde.

Diese Arbeit ist ein weiterer Schritt zur verbesserten Kontrolle der lichtwellengesteuerten Petahertz-Spintronik durch die gezielte Verwendung von Defekten in Festkörpern.

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