Verschobene Elektronen bringen Nanopartikel zum Schwingen

Photokatalyse, Sensoren, Solarzellen: Plasmonen versprechen vielfältige Anwendungen, wenn die durch optische Anregung ausgelösten Prozesse in den Nanopartikeln kontrollierbar sind. Ein Forschungsteam aus Hamburg und Berlin berichtet in Nano Letters über experimentelle Beobachtungen, die mit etablierten Modellen nicht zu erklären sind, und beschreibt ein neues theoretisches Modell, das die im Experiment beobachtete Dynamik von angeregten Gold-Nanopartikeln erklärt.

Plasmonen sind kollektive Elektronenschwingungen, die mit stark lokalisierten Feldern verbunden sind. Der Zerfall dieser Schwingungen nach einer optischen Anregung wird gegenwärtig intensiv diskutiert. Die Forschung geht davon aus, dass dabei sehr energiereiche "heiße" Elektronen erzeugt werden. Diese verlieren ihre Energie durch Elektron-Elektron-Streuung in ein „warmes“ Elektronengas. Das Gas heizt das Partikel auf, welches letztendlich die überschüssige Energie an die Umgebung abgibt. Die Effizienz der Energieübertrag zwischen den Stufen „heiße Elektronen“, „warme Elektronen“ und „warmes Partikel“ ist wichtig für Anwendungen, die die jeweiligen Prozesse nutzen wollen. Insbesondere der Energieübertrag von warmem Elektronengas auf das Nanopartikel scheint so effizient, dass das Partikel extrem schnell aufgeheizt wird. Dabei dehnt es sich explosionsartig aus und wird in eine kollektive Schwingung versetzt, ähnlich einer atmenden Kugel. Direkte experimentelle Studien, die die Schwingungsanregung auflösen, fehlten bislang jedoch.

Für ihre Untersuchung kooperierten Forschende der Fachbereiche Physik und Chemie der Universität Hamburg, des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie (MPSD), von DESY und der TU Berlin. Unter der Leitung von Holger Lange, Jochen Küpper und Kartik Ayyer, die alle im Exzellenzcluster „CUI: Advanced Imaging of Matter“ forschen, sowie Andreas Knorr aus Berlin kombinierte das Team Theorie und Experiment für eine akkurate Beschreibung der Dynamik von angeregten Gold-Nanopartikeln. Mithilfe von Röntgen-Einzelteilchen-Bildgebung (SPI) und Transienter-Absorptionsspektroskopie (TA) bestimmten die Forschenden zeitabhängig die Größe und die Elektronentemperatur der Nanopartikel nach der optischen Anregung.  Dabei konnten sie beobachten, dass die Teilchen bereits mit dem optischen Anregungspuls expandierten, viel schneller als gedacht. Diese Beobachtung belegte direkt die Notwendigkeit einer sofortigen Anregungsquelle, die nicht der Temperaturanstieg und die damit verbundene Ausdehnung des Partikels ist.

Für die Erklärung setzten die Forschenden ein neues, grundlegendes Modell auf. Die theoretischen Berechnungen bestätigten die experimentellen Ergebnisse und ergeben somit ein konsistentes Bild aller beobachteten Aspekte der Anregung. Aus den Berechnungen gehen zudem zwei Quellterme für die „Partikelatmung“ hervor: Die „klassische“ thermische Expansion und als neuer Effekt optisch induzierte Verteilungen der Elektronen, die direkt die Schwingung treiben. Der neue Anregungsterm zeigt, dass die Prozesse der Plasmondynamik viel stärker verschachtelt sind als angenommen und bestehende Modelle zu warmen und heißen Elektronen hinterfragt werden müssen, mit Implikationen für die Photokatalyse und andere Wege der Energietransformation.

Das neue theoretische Modell bietet zudem einen allgemeinen Zugang zur Plasmon-Partikel-Wechselwirkung und wird schon in ersten weiteren CUI-Projekten genutzt.

 

Text: CUI: Advanced Imaging of Matter

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